Landtagskandidatin Katharina Jensen sieht die erneute Befassung friesischer Räte zum Beitritt ins Biosphärenreservat Wattenmeer kritisch
Auf den Inseln sowie Binnendeichs auf dem Festland strebt die Nationalparkverwaltung als dem Umweltministerium angegliederte Organisation die Einführung von weiteren Entwicklungszonen des UNESCO-Biosphärenreservates Wattenmeer an. Im Lk Friesland sind bislang Sande, Zetel und Schortens beigetreten; in Varel, Bockhorn und Jever geht es aktuell um einen Beitritt.
In den genannten Gemeinden wurden die Beitrittserklärungen in den vergangenen Jahren bereits abgelehnt.
„Ich erinnere mich noch an den überfüllten Ratssaal im Wangerland 2018“, berichtet Jensen. Damals hatten besorgte Landwirte und Immobilienbesitzer ihren Unmut und ihre Ängste bezüglich eines Beitritts zum Biosphärenreservat bekundet, der Rat lehnte den Beitritt ab.
„Ich hatte und habe noch volles Verständnis für die Sorgen der touristischen, handwerklichen und landwirtschaftlichen Unternehmer. Ist doch im Biosphärenreservat selbst festgeschrieben, dass die Etablierung von Entwicklungszonen nur im Einvernehmen mit den Bürgern geschehen soll. Ich sehe nicht, dass diese Voraussetzung erfüllt ist“, so Jensen.
Die Zielsetzungen eines Biosphärenreservats wenden sich in der Erwartungshaltung der Befürworter des Biosphärenreservats gegen eine ökonomische Entwicklung der regionalen Wirtschaft. Die mittelständischen Unternehmen selbst empfinden die Diskussionen um einen Beitritt zu einem Biosphärenreservat als zusätzliche Bedrängnis in ohnehin schwieriger Zeit.
„An dieser Stelle hat man versäumt, der Bevölkerung Chancen aufzuweisen und somit ihr Vertrauen verspielt.“ Dass es nie zu Auflagen kommen wird, kann sich auch Katharina Jensen nicht vorstellen. „Ich gehe davon aus, dass man langfristig als Biosphärenreservatspartner auch zielgerechte Entwicklungen vorweisen muss.“
Das inzwischen damit argumentiert wird, dass aus dem Beitritt keine Verpflichtungen entstehen und dass die Kommune jederzeit wieder aus dem Kooperationsvertrag ausscheiden könne, ist nach Ansicht von Katharina Jensen auch nicht vertrauensbildend:
„Wenn ich nichts verändere und mir nur das Etikett Biosphärenreservat an die Brust heften möchte, wozu dann beitreten?
Die Nationalparkverwaltung spricht davon, dass die Identität und das Image der Kommune gestärkt wird und somit mehr Touristen zu uns kämen und die Wertschöpfung erhöht würde. In Gesprächen mit Touristikern zeichnet sich ein anderes Bild. Kein Hotelbesitzer oder Veranstalter ist bisher mit einem Beitrittswunsch zum Biosphärenreservat an mich herangetreten, sondern mit dem Wunsch nach schnellem Internet, besseren Mobilitätsangeboten und einer besseren Zusammenarbeit der regionalen Tourismusorganisationen.“
Wenn es um die reine Unterstützung des Biosphärengedankens gehe, hätte man auch die Möglichkeit schaffen können, nur mit den Innenbereich einer Kommune beizutreten, wie es seitens des landwirtschaftlichen Berufsstandes vorgeschlagen wurde. Darauf wolle sich die Nationalparkverwaltung nicht einlassen, obwohl sie nach ihrer Aussage die Flächen in den Außenbereichen zur Anerkennung als Biosphärenreservat gar nicht brauche. „Hier geht es zum Großteil um landwirtschaftliche Flächen in Privateigentum, die das Einkommen unserer Landwirte und ihrer Familien sichern.“
„Die Ratsmitglieder, die schlussendlich über den Beitritt zu entscheiden haben, müssen sich darüber bewusst sein, dass sich die Verwaltung der Kommune dabei verpflichtet, im Biosphärenreservat mitzuarbeiten, der Nationalparkverwaltung zuzuarbeiten. Jeder Steuerzahler muss sich an dieser Stelle fragen, ob er seine Gelder dafür ausgegeben sehen möchte“, ermahnt Jensen.
Finanziell lohne es für die Kommunen nicht, da die Fördergelder, mit denen die Nationalparkverwaltung argumentiere, auch von Kommunen eingeworben werden könnten, die kein Mitglied des Nationalparks sind. „Projekte wie regionale Kulturförderung, Naturschutzmaßnahmen, Radwegebau oder Info-Stationen machen die friesischen Kommunen auch bereits jetzt unter Nutzung diverser Fördertöpfe.“
Es sei zu befürchten, so Jensen, dass Nationalpark und das niedersächsische Umweltministerium in der Folge des Beitritts starken Einfluss nehmen auf die Entwicklung in den Gemeinden, sei es im Bereich Infrastruktur bis hin zur Wirtschaftsweise aller Sektoren, sei es über die gemeinsame Entwicklungsplanung der beteiligten Kommunen oder als Träger öffentlicher Belange.
„Schlussendlich bedeutet das für uns Bürger und Bürgerinnen, dass jede neue Straße, jede Erweiterung eines Gewerbe- oder Baugebiets, sowie jede Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien und in der Landwirtschaft erstmal auf den Prüfstand kommt“, ermahnt Katharina Jensen.
Besonders irritiert zeigt sich Jensen darüber, dass die Meldefristen zum Beitritt zur Entwicklungszone zum Biosphärenreservat immer wieder verändert werden und somit der Beitritt jedes Mal als letzte Chance verkauft wurde.
In Varel und Jever steht das Biosphärenreservat innerhalb von 3 Jahren bereits zum 2. Mal auf der Agenda, in Bockhorn bereits zum 3. Mal. Der Meldeschluss liegt inzwischen im April 2022.
„Abstimmen, bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist und jedes Mal wird das Beitritts-Szenarium ein wenig mehr aufgehübscht, das entspricht nicht meinem Demokratieverständnis! Dieses Vorgehen macht nicht nur mich stutzig und fördert nicht gerade das Vertrauen gegenüber der Nationalparkverwaltung“, so Jensen abschließend.