„Entbürokratisierung – Brauchen wir eine Jahrhundertreform?!“ war der Titel einer hochkarätig besetzten Runde, die im Rahmen einer Videokonferenz Möglichkeiten diskutierte, wie Deutschland durch Digitalisierung und Entbürokratisierung nach der Corona-Krise mehr Handlungsfähigkeit gewinnen kann.
Thomas Bareiß setzt sich ein für weniger Bürokratieaufwand für deutsche Unternehmen Die Bundestagsabgeordnete Astrid Grotelüschen führte gemeinsam mit der friesischen Kreisvorsitzenden Christel Bartelmei durch die Veranstaltung, in der der Staatssekretär aus dem Wirtschaftsministerium Thomas Bareiß, seines Zeichens Tourismus- und Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung und der Europaabgeordnete Jens Gieseke, der Leiter des Parlamentskreises Mittelstand der EVP-Fraktion aktuelle Entwicklungen aus Bund und EU darstellten.
Jens Gieseke kämpft mit seiner Fraktion für einen Mittelstandsbeauftragten, der direkt der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterstellt ist. „Gerade die kleinen und mittleren Unternehmen büßen Wettbewerbsfähigkeit durch überbordende Bürokratie ein. Die EVP-Fraktion möchte 30 – 40 % Bürokratie-Abbau auf EU-Ebene erreichen. Deutschland würde davon stark profitieren, denn es heißt zwar immer schnell, die EU sei schuld an der vielen Bürokratie, aber deutsche Parlamente in Bund und Land neigen dazu, in ihren Bundes- und Länderparlamenten noch zusätzliche bürokratische Vorgaben auf die Vorgaben aus Brüssel aufzusatteln. Leider wehren sich die Grünen im europäischen Parlament vehement dagegen.“ Er vermutet, dass im Rahmen des Green Deal weitere EU-Gesetze und Verordnungen dazukommen und plädiert dafür, für jede neue Verordnung mindestens eine alte Verordnung abzubauen.
Auf Bundesebene gilt eigentlich bereits dieses Prinzip „One in, One out“, berichtet Thomas Bareiß. Alte Verordnungen zu überprüfen und auf ein modernes digitales Fundament zu stellen, ist das Ziel der Bundesregierung. Als Beispiel nannte er die Durchsetzung des digitalen Meldescheins, der der Tourismuswirtschaft rund 30 Mio. € Einsparungen erbracht habe. „Vom zuständigen Ministerium habe ich zunächst eine 15-seitige Abhandlung dazu bekommen, warum es nicht geht. „Wir Deutschen neigen dazu alles regeln zu wollen. Bürokratieabbau funktioniert nur mit mehr Eigenverantwortung und dem Abbau der vorherrschenden Misstrauenskultur“, so Bareiß.
„Warum nutzt man nicht auch in Hotels zum Einchecken die Luca-App?“ plädierte Rita van Döllen-Mokros, Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU im Kreisverband Oldenburg. Sie sieht die Zukunft in der besseren Nutzung der digitalen Möglichkeiten. „Warum muss ich bei einem Bauantrag 20 Mal auf verschiedenen
Formularen meine kompletten Kontaktdaten angeben, warum ist es nicht möglich, dass sich die Gesundheitsämter über genormte Schnittstellen austauschen?“ Andere Länder, sie verwies unter anderem auf Estland, seien hier viel weiter. Die beiden Bundestagskandidaten Anne Janssen und Philipp Albrecht berichteten von vielen Gesprächen, die sie mit Unternehmern aus ihrem Wahlkreis geführt haben. „Bürokratieabbau und Nutzung der Digitalisierung sind zwei wichtige Themen, die ich bereits für Berlin im Gepäck habe“, so Anne Janssen, die im Wahlbereich Friesland / Wilhelmshaven / Wittmund antritt. „Nach Corona wird es für viele Branchen schwer genug, sie kämpfen mit Personalmangel, dem veränderten Konsumentenverhalten und müssen sich auf die Anforderungen des Klimawandels einstellen. Unsere Aufgabe ist es, dass bei Bürokratie weniger „Wishful thinking“ und Ideologie und mehr der konkrete Nutzen und Verbraucherschutz im Vordergrund steht.“
„Eine Jahrhundert-Reform wird es wohl nicht geben, dazu sind die Verflechtungen im föderalen System Deutschlands zu komplex. Ein Neustart in der Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen und klare Strategien, wie eine effiziente Zusammenarbeit der staatlichen Institutionen auszusehen hat, sind allerdings die Grundlage eines erfolgreichen Bürokratieabbaus in Deutschland, der diesen Namen auch verdient“, formulierte MdB Astrid Grotelüschen den Anspruch der CDU abschließend.